(Seaside Story #14) Endlich im Urlaub. Endlich am Strand, endlich entspannen. So lange wurde auf diese Phase hingearbeitet, jeder Tag wurde zum Zweikampf mit dem Stress. Und gewonnen, ja, gewonnen hat man, wenn man den Strandkorb aufschließt, zum Meer ausrichtet und in aller Seelenruhe die unendlich entspannenden Weiten des Meeres sieht, wenn man sich von dem Meeresrauschen Meile für Meile vom Alltag wegtreiben lässt. Doch dann der Schock: Das Meer ist ja gar nicht da!!?
Dabei war in der Anzeige doch von einem Meerurlaub die Rede! Jeder lernt schon in der Schule von der Ebbe und der Flut. Und, dass diese im Zusammenspiel von Sonne, Mond und Erde entsteht. Soviel weiß noch jeder, was aber in der Betrachtung astrophysisches Grundwasser ist – und unsere Natur noch viel mehr drauf hat!
Astrophysik 1.0: Der Mensch entdeckt Ebbe und Flut – oder warum Aristoteles fast durchdrehte. Die Erkenntnis, dass der verringerte Wasserstand und die Himmelskörper in einer Beziehung zueinander stehen, wird heutzutage als eine der ersten astrophysischen Entdeckungen der Menschheit angesehen. Bereits die Inder, Phönizier und Karer sahen, dass der Mond bei einem gewissen Wasserstand beim Blick gen oben an der gleichen Stelle zu finden war, und unzählige Gelehrte versuchten dessen Einfluss auf die Gezeiten zu erklären oder belegen. Der Grieche Aristoteles etwa gab sein Bestes in der Zusammenführung von Ursache und Ergebnis, konnte aber dennoch nichts Spruchreifes abliefern. Dieses für das Genie ebenso unbekannte wie ungewohnte Unwissen soll den Verstand des Gelehrten beinahe im Meer versenkt haben (hoffentlich während der Ebbe). Eine Lanze müssen wir für Aristoteles an dieser Stelle dennoch brechen: Jeder, der bereits einmal am Mittelmeer seinen Urlaub verbrachte, wird gemerkt haben, dass dort der Tidenhub, der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser, kaum erkennbar ist. Nicht nur Aristoteles griff das Naturphänomen auf, auch andere bekannte Namen wie Galileo Galilei (als Beweis der Erdrotation) oder Isaac Newton (der erstmals die Anziehungskraft von Sonne und Mond berechnete) griffen ddie Gezeiten auf. Doch die eigentliche Ursache des an- und abtreibenden Meeres konnte ein kaum bekannter Name erkennen.
Astrophysik 2.0: Wie stehen die Planeten? Steven Simon, seineszeichens belgischer Physiker, erklärte als erster die Anziehungskraft des Mondes als Grund für die Gezeiten. Und die funktionieren so: Die Anziehung vom Mond hebt das Wasser zu einem sogenannten Flutberg, der sich durch die Erdrotation kontinuierlich verschiebt. Wir Menschen merken diese Rotation nicht und erliegen deshalb der Täuschung, dass das Meer ansteigen würde. Dabei entstehen Flutberge auf der zum Mond angewandten Seite durch die Anziehungskraft des Trabanten, und auf der abgewandten Seite durch die Fliehkraft. Zwischen diesen Flutbergen liegen zwei Elbtäler. Durch die Rotation gibt es innerhalb von knapp 25 Stunden so je zweimal Flut und Ebbe. Wie stark das Wasser dabei nach einer Ebbe zurückprescht, hängt auch mit den Himmelskörpern zusammen. Befinden sich Sonne, Mond und Erde auf einer Linie, gibt es eine Springflut. Stehen die drei Himmelskörper im rechten Winkel zueinander, entsteht eine Nippflut, quasi der kleine Bruder der Springflut.
Der größte Unterschied – und warum wir es so gut haben. Am größten wird der Unterschied zwischen den Wasserständen übrigens in Kanada sichtbar. Die Fundy-Bucht an der Ostküste weist einen einen Tidenhub von bis zu 21 Meter aus! Man stelle sich vor, ein Zweifamilienhaus wird einfach verschluckt, um nach circa acht Stunden wieder aufzutauchen. Wer denkt, dass es an Deutschlands Nord- und Ostseeküste den gleichen Tidenhub gibt, liegt allerdings falsch. Während an der Ostsee der Unterschied zwischen Badespaß und Bräunen am Strand bei nur rund 30 Zentimeter liegt, beträgt der Unterschied zwischen Tauchen und einer Wattwanderung an der Nordseeküste ein bis zwei Meter. Um sicherzugehen, dass man passend an den Strand geht, kann man die Tidestände im Internet checken. Der Grund, warum wir besonders von diesem Wechselbad des Wasserstandes gesegnet sind, findet sich in der geografischen Struktur unserer Küsten, indem die Form der Küste und die vorliegenden Inseln die Wellenausbreitung vermindern.
Also, Tipp für die nächste Ebbephase im Strandurlaub: Zurücklehnen und die Mit-Urlauber mit neuem BeSeaside-Wissen über die Astrophysik erstaunen!
Eine entspannte Woche wünschen Euch
Jan-Hendrik Cross & BeSeaside